Krim-Konflikt: »Wir brauchen sofort weitere Sanktionen gegen Putin

Im BILD-Interview spricht der ukrainische Präsident Poroschenko über die Aggression Russlands und seine Hoffnungen auf deutsche Hilfe

Quelle: BILD
Von: PAUL RONZHEIMER u. ALEXY FUHRMANN (Fotos)

Wieder eskaliert der Kreml den Konflikt mit der Ukraine!

Wie soll Europa reagieren? Was ist im Asowschen Meer wirklich geschehen? Und ist die Ukraine für eine Konfrontation mit dem übermächtigen Nachbarn gerüstet?

Im BILD-Interview spricht der ukrainische Präsident Petro Poroschenko (53) über Putins Lügen, die Aggression Russlands und seine Hoffnungen auf deutsche Hilfe.

BILD: Herr Präsident, Sie waren bis gerade auf einer Armee-Basis und haben Truppen besucht. Russland sagt, dass Sie mit Ihrer Politik Wahlkampf machen wollen. Stimmt das? Petro Poroschenko: „Glauben Sie keine der Lügen, die Ihnen Putin erzählt. Das ist lächerlich! Erinnern Sie sich noch, wie er der Welt erzählt hat, dass es auf der Krim keine russischen Soldaten gibt? Erinnern Sie sich noch daran, dass es angeblich keine russischen Soldaten in der Ost-Ukraine gab? Oder an die Vergiftung seines ehemaligen Agenten in Salisbury? Putin erzählt der Welt Märchen, auch jetzt wieder.“

„Putin will das alte russische Reich zurück“

BILD: Was ist bei dem Zusammenstoß mit der russischen Marine passiert? Poroschenko: „Unsere Marine hat sich an internationales Recht gehalten. Wir haben alle Beweise auf den Tisch gelegt, jeder kann sehen, dass es russische Soldaten waren, die unsere Marine angegriffen haben. Wir mussten nach diesem Akt der Aggression reagieren und deshalb habe ich das Kriegsrecht in einigen Regionen verordnet, weil wir unser Land schützen müssen. Es ist wie schon im Jahr 2014: Putin will einen weiteren Teil der Ukraine annektieren, er verhält sich exakt so wie damals.“

Petro Poroschenko (53) im Gespräch mit ukrainischen Soldaten in der Nähe der russischen Grenze

Petro Poroschenko (53) im Gespräch mit ukrainischen Soldaten in der Nähe der russischen Grenze

Foto: Alexey Furman

BILD: Wirklich? Poroschenko: „Putin will das alte russische Reich zurück. Die Krim, den Donbass, er will das gesamte Land. Als russischer Kaiser, so wie er sich sieht, kann sein Reich nicht ohne die Ukraine funktionieren, er sieht uns als Kolonie. Das wollte er schon zu Beginn des Konflikts und das will er immer noch. Aber seitdem ich im Amt bin, ist die Ukraine keine Kolonie mehr. Und er hasst die Idee, dass die Ukraine Teil der EU und Teil der Nato werden will. Deshalb gibt es diese erneute russische Aggression, bei der wir Hinweise haben, dass Putin auch eine erneute Boden-Offensive planen könnte. Diese Satellitenbilder haben wir all unseren Partnern vorgelegt.“

BILD: Sollen deutsche Marineschiffe ins Asowsche Meer verlegt werden? Was würde das bringen? Poroschenko: „Deutschland gehört zu unseren engsten Verbündeten und wir hoffen, dass in der Nato jetzt Staaten bereit sind, Marineschiffe ins Asowsche Meer zu verlegen, um der Ukraine beizustehen und für Sicherheit zu sorgen. Die einzige Sprache, die er versteht, ist die Geschlossenheit der westlichen Welt. Wir können diese aggressive Politik Russlands nicht hinnehmen, erst war es die Krim, dann die Ost-Ukraine, jetzt will er das Asowsche Meer. Auch Deutschland muss sich fragen: Was wird Putin als Nächstes tun, wenn wir ihn nicht stoppen?“

Poroschenko mit BILD-Reporter Paul Ronzheimer

Poroschenko mit BILD-Reporter Paul Ronzheimer

Foto: Alexey Furman

BILD: Ist Putin denn überhaupt zu stoppen? Poroschenko: „Die Welt muss mit einer Stimme sprechen und wir brauchen sofort weitere Sanktionen angesichts der unglaublichen russischen Aggression. Putin muss unsere Soldaten sofort freilassen und gleichzeitig das Meer freimachen für den internationalen Schiffsverkehr. Es sind übrigens nicht nur ukrainische Handelsschiffe, die dort festhängen, sondern zu diesem Zeitpunkt auch drei deutsche Schiffe, die nicht weiterkommen.“

BILD: Warum versuchen Sie nicht persönlich, mit Putin zu sprechen? Poroschenko: „Ich habe Putin nach dem Vorfall direkt angerufen und um sofortige Verhandlungen gebeten. Aber es ist genauso wie in 2014, 2015 und in 2016: Immer wenn Putins Truppen die Ukraine attackieren, hört er einfach auf zu kommunizieren.“ BILD: Sie haben mehrfach in den vergangenen Jahren, auch in BILD, vor einem großen Krieg gewarnt. Was ist dieses Mal denn anders? Poroschenko: „Es geht hier nicht um Warnungen, sondern um Fakten. Satellitenbilder, Audio-Aufzeichnungen zeigen dies eindeutig. Ich will keinen Krieg, was ich will, ist Frieden für unser Land. Und wenn Putin seine Truppen von der Grenze abzieht, werden wir den Kriegszustand sofort beenden. Aber leider habe ich wenig Hoffnung, dass Russland die Aggressionen stoppt.“ BILD: Was erwarten Sie von Kanzlerin Angela Merkel? Poroschenko: „Kanzlerin Merkel ist eine große Freundin der Ukraine. Im Jahr 2015 hat sie durch ihre Verhandlungen in Minsk schon einmal unser Land gerettet, wir hoffen darauf, dass sie uns zusammen mit unseren anderen Alliierten noch einmal so sehr unterstützt.“

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